In der Gauvertreterversammlung am 12. Oktober 2015 in Wernau konnten drei bis dahin unbesetzte Ämter im Gau-Ausschuß wieder belegt werden: Gauschriftführerin Tamara Reinauer, Gaufachwart für Wandern Reinhold Alt und Gaufachwartin für Familien Stefanie Kiefer.
Archiv für das Jahr: 2015
Rückblick auf die 5. Ettappe der Gau-Grenzwanderung 2015
Ich schenkte den Teilnehmern eine Wanderung
Startort war in Nähe des Platzes mit Brunnen vor dem Eingang der großzügigen Schurwaldhalle am Ortsrand Schanbachs. Wider aller Erwartungen trafen etwa 90 der 139 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in dem für maximal 97 Fahrgäste ausgelegten Linienbus um zehn nach zehn an der Haltestelle „Kreisel“ im größten Aichwalder Ortsteil ein. Dem nervenstarken Fahrer besten Dank. Eine unserer Ortsgruppen ließ es sich bereits eine Stunde früher im vorherigen Bus gut gehen. Die Morgenstimmung um die Gemeinde tat ihr Übriges.
Die durch Vogelstimmen und laue Lüfte durchsetzte vormittägliche Begrüßung tat ihr übriges für Seele und Stimmung. Gauvorsitzender Ulrich Hempel, der mich bei den Kontakten zur Ortsgruppe Weinstadt unterstützte, Vertrauensfrau Hildegard Belge als Gastgeberin und meine Worte legten den Grundstein für einen unter den Mitwanderern und auch wettertechnisch vorbildlichen Wandertag.
Der erste Abschnitt kulissierte am Waldrand entlang zum Karlstein. Strümpfelbach in unseren Gedanken „drunt´ im Tal“, wurde in akzeptabler Höhe auf der Landkreisgrenze umsteuert. Im Juli 2010 wurde vom Verein Schurwaldsternwarte ein Planetenweg eingerichtet, den wir im Rahmen dieser „überirdischen“ Tour bis zum Saturn unter unseren Füßen spürten. Der Planetenweg beginnt bei der Sternwarte am Jugendhaus hinter der Schurwaldhalle.
Am Karlstein ließen wir uns genügend Zeit der Fernsicht und der Heimathistorie zuzuwenden. Wenn schon Herzog Carl Eugen von Württemberg zur Schlichtung von Waldstreitigkeiten am 7. Juni 1793 vom Schlössle Scharnhausen hierauf kam, konnten die offenen Ohren und Augen der Wanderfreundinnen und –freunde das geschichtliche Kraftpaket dieses Platzes spüren. Der Hirschkopf gleich daneben – bot 50 km Fernsicht vom Lemberg bei Weilimdorf über den Asperg bis in den Marbacher Raum. Die Natur hat ihre Blütenteppiche aus den Schutzräumen befreit. Kirschbäume zeigten dem „Weißen Sonntag“ anpassend Meisterleistungen.
Unter dem Namen »Platzverführung« finden wir in der Wiese des Hirschkopfs eingelassenene Stahlplatten. Seit 1993, als das erste Projekt der Kulturregion Stuttgart stattfand, beteiligt sich Weinstadt mit dieser Installation des Künstlers Franz Erhard Walthers, die für die fünf Teilorte stehen daran. Auf sie sind sie ausgerichtet z.B. Strümpfelbach „Antwort“, Großheppach „Bindung“ oder Beutelsbach „Geste“ symbolisierend.
Wir machten uns wieder auf den Weg, bei dem wir uns 220 m Höhenmeter hinunter begaben. Mitten rein mischten sich partiell der Württembergische Weinwanderweg (Rotes Traubensymbol), der Remstal-Höhenweg, den wir am Kernen bei der vierten Etappe der Grenzwanderung 2014 kontaktierten sowie ein naturnahes Stäffelesstück.
Durch das Landgut Burg – mit Blick auf den Silcherort Schnait, den Saffrichhof, den waldbeköpften Schönbühl und Hohengehren näherten wir uns den Weinbergen.
Das Landgut Burg hat nichts mit einer „Burg“ zu tun, sondern geht auf ein 1878 errichtetes Wohnhaus (eine »Villa Burg«) zurück. Später zum Erholungsheim erweitert und von 1957 – 1976 Sitz des deutschen Ablegers der Stanford-University (USA), ist es heute Tagungshotel und Ausflugsgaststätte.
Die komplexe Anlage des mittlerweile geschlossenen Jugendheims Schönbühl entstand ab 1866 aus einem landwirtschaftlichen Gut. Der Turm auf der Waldkuppe gehört zur Landeswasserversorgung. Der schon 1740 genannte Saffrichhof wurde von der Rettungsanstalt Schönbühl aufgekauft und durch Wohnungsneubauten ersetzt.
Notenschlüssel, Achtelnoten auf dem Weg verblassen langsam in den Weinbergen von Endersbach. Gott hilf! Die letzte abverlangte Standfestigkeit der Vereinskollegen und Gäste beanspruchte mein Exkurs übers Käppele (Rest einer alten Kapelle) die „Wiege Württembergs“ sowie den „Armen Konrad“. Das wohl im 15. Jahrhundert vielleicht für Wallfahrten errichtete Käppele diente im 19. Jahrhundert nur noch als Unterstand. Dass der erste Württemberger im 11. Jahrhundert aus der Gegend von Luxemberg (vom Wirdeberg bei Wasserbillig) stamme, habe ich fast zwei Jahrzehnte in meinen Hinweisen kund getan. Nach Professor Hans-Martin Decker-Hauff.
Die Beschäftigung mit dem Thema für jüngste Exkursionen und Ausflüge stieß neue Quellen und Erkenntnisse darüber bei mir auf:
Quelle: J.D.G.Memminger / Beschreibung von Württemberg 1841, Seite 37 / 38
Eine „Warhafftige Underrichtung über die Uffrührn und Handlungen, die sich im Fürstenthumb Wirtemperg im Jahr 1514 zu begeben stattfanden“, meinerseits folgten. Im Jahr 1514 erhoben sich im gesamten Herzogtum Württemberg Untertanen gegen ihre rechtmäßige Herrschaft. Motor des Widerstands war der ‚Arme Konrad‘, eine zunächst im Untergrund agierende, überständisch organisierte Gruppe von Unzufriedenen. Durch die Verbindung von bäuerlichem und städtischem Protest, seine räumliche Ausweitung und seine Bedrohlichkeit für die bestehende Herrschaft, gehört der ‚Aufstand des Armen Konrad‘ zu den bedeutendsten Ereignissen der württembergischen Landesgeschichte.
Vor dem 1965 eingeweihten Rathaus von Beutelsbach erinnert eine Bronzefigur von Karl-Ulrich Nuss an den württembergischen Bauernaufstand des Armen Konrad, der 1514 in Beutelsbach begann und endete.
Das Ziel der fünften Etappe der Grenzwanderung, der Stiftkeller, ein langes Gewölbe nahe der Stiftskirche, war gegen 14.00 Uhr, nach etwa drei Stunden, erreicht. Der Stiftskeller bietet Platz für bis zu 180 Personen. Bei der Tischbestuhlung halfen dankenswerter Weise uns die Albvereinskollegen der Ortsgruppe Weinstadt, die vor acht Jahren das Landesfest unseres Vereines ausrichtete. Für das leibliche Wohl tauschte ein örtlicher Gastronom die Restaurantatmosphäre mit diesem gemütlichen Ambiente.
Ortsgruppenvorsitzende Andrea Simon (Beutelsbach) und „Herzog Ulrich“ (Uli Hempel) stifteten Botschaften, Wortbeiträge zu der geselligen Abschlussveranstaltung. Passend zu diesem Tag stieß Uli spontan entschlossen das Geburtstagsfenster auf, in dem er mir zu persönlichen Glückwünschen einschließlich gemeinsamen Chor, durch den um drei „Mitesser“ angewachsenen „Fanexpress“ im Gewölbekeller, eine große Freude machte.
Ich bedankte mich dafür bei allen durch diese spaßmachende, niemanden aus dem Takt bringende Natur- und Kulturwanderung. Ich sah’s Euch an den Augen an, es steht gut mit dem Hirschgeweih:
›Hie gut Württemberg allweg‹.
Jürgen Gruß
Fachwart für Heimat und Brauchtum, April 2015